Der Fremde zeichnet sich dadurch aus, dass er anders zeichnet: Er ist kein Teil der Gruppe, befindet sich jedoch im besonderen Verhältnis zu dieser. Er erbringt bestimmte Funktionen für sie. Er stiftet auch Pluralität, die ihm einerseits Anerkennung zuteil werden lässt, andererseits auch ein interessantes Gespräch in die Ferne rückt, da das Fremdsein auch eine Schwelle impliziert, die erst überwunden werden möchte. Diese Schwelle kann einerseits sprachlicher Natur sein - z.B. Türkisch-Deutsch - aber auch durch bestimmte andere diskriminierende Elemente bezeichnet werden z.B. religiöse Ansichten. Die Tatsache, das Ferne nah zu wissen stiftet Probleme, doch jedem Fremdsein geht eine Distanz voraus, die sich in der Ferne formte.
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Jean-Paul
5/1/2011 07:55:20 pm
Beim Fremden handelt es sich primär um einen sozialen Akteur, der die Gelöstheit des Kommen und Gehens nicht überwunden hat. Er ist hier, doch ist er kein Bestandteil der Gruppe. Dadurch wird der Fremde auch Verdinglicht - z.B. der Türke! Man hofft, dass der Fremd heute kommt, morgen geht. Doch er bleibt auch morgen. Hier stiftet er zusätzlichen Bedarf für Integration. Der Prototyp des Fremden ist der Ausländer: Jemand der im Inland eine Stellung inne hat, die ihm jedoch ausgrenzt. Im Vorwort wird auch auf das Phänomen des Händlers eingegangen. Weil die Arbeiten im Inland bereits vergeben sind, nutzt der Fremde seine Stellung als Außenstehender - als Kosmopolit - um seine Kultur in die - aus seiner Sicht - fremde zu tragen. Die Kritik, die ihm von manchen Inländern somit angetragen wird, kann in anderer Hinsicht auch als Vorteil - nicht nur für ihn - gelten. Der Fremde erbringt somit auch eine wichtige Funktion in einer globalisierten Welt - oder gilt der Fremde überhaupt erst als der Stifter einer solchen?
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WernerS
10/1/2011 08:06:35 pm
Was mich interessiert ist, ob auch Gruppenmitglieder zu Fremden im Sinne von Simmel werden können oder schließt sich das aus?
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ana_mijic
11/1/2011 08:42:15 pm
@WernerS Der Fremde wird von Simmel per se als Teil der Gruppe betrachtet. Allerdings handelt es sich typischerweies um jemanden, der von Außen kommt bzw. kam. Wenn ich Sie richtig verstehe, zielt Ihre Frage darauf, ob jemand der schon immer zur Gruppe gehört hat, sich von dieser Gruppe "entfremden" kann. Da Simmel die Fremdheit eben nicht als eine situationsunabhängige Eigenschaft von Akteure sieht, sondern als besondere Form der Wechselwirkung (in spezifischen Situationen) und darüber hinaus auch davon ausgeht, dass jeder sozialen Beziehung eine gewissen Fremdheit inhärent ist, muss man m.E. davon ausgehen, dass jeder zu einem "Fremden" werden kann.
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Speranta
28/1/2011 07:09:14 pm
Wie sieht es dann aus wenn ich nun z.B. als deutsche Familie in die USA immigriere und mich dort in einem sagen wir Mexikanischen Bezirk oder Stadtteil niederlasse. Bin ich dann für die dort lebenden Mexikaner " der Fremde" oder definieren diese sich dann mit dieser deutschen Familie als ein Fremdes? Also besteht dann ihre Gemeinsamkeit dann darin, dass sie beide " der Fremde" sind aufgrund ihrer Stellung zu einer gemeinsamen Gruppe (USA)?
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ana_mijic
31/1/2011 04:37:44 pm
@Speranta Das ist sicherlich eine Sache der Perspektive, denn das Fremdsein ist Simmel zufolge ja keine Eigenschaft von Personen sondern eine besondere Form sozialer Wechselwirkung. Die US-amerikanische Mehrheitsgesellschaft wird sowohl die deutsche Familie als auch die in diesem Bezirk ansässigen mexikanischen EinwanderInnen als "fremd" wahrnehmen, wenn sie mit ihnen in eine Interaktion tritt. Das könnte ein verbindendes Moment zwischen beiden sein. Doch die deutsche Familie wird auch für die MexikanerInnen fremd sein, da sie ja von "außen" in den Bezirk kommt, um dort zu leben.
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